Im Rahmen des Innovationsprogramms Zukunft Bau des BBSR wurde im Sommer 2022 ein neues Format erprobt, das eine Brücke zwischen den neuesten Erkenntnissen aus der Wissenschaft, deren Übersetzung in baupraktische Anwendungen sowie der Vermittlung an ein breites Publikum schlug.
Für 5 Monate wurde eine ehemalige Bausparkasse in einen Experimentierraum verwandelt werden, der ein kreatives und niederschwelliges Ausprobieren neuer baulicher Ansätze ermöglicht: der Zukunft Bau Pop-Up Campus.
Mit dem Fokus auf die Zielstellung des klimaneutralen Gebäudebestands in 2045 versammelte der Pop-Up Campus innovative Ansätze für die Bauwende und bot  den damit verbundenen Fragestellungen einen Aktionsraum, ein Diskussionsforum und eine Vitrine im öffentlichen Stadtraum.
Foto von David Hermann
Foto von David Hermann

Foto von Philipp Goertz

Zu Beginn der Arbeit fanden wir eine verlassene Bausparkasse, voll mit grauen Büromöbeln und toten Pflanzen, vor.
Es galt das Haus in wenigen Wochen zum Ausstellungs- und Diskursort zu transformieren. Von Anfang an nahmen wir so viel wie möglich selbst in die Hand. Aus Zeit- und Gelddruck ließen wir nur wenige Dinge von dritten machen. 
Der erste Schritt war es dem anonymen Bürohaus eine temporäre Schaufassade zu verleihen. Die Ecke des Hauses erhielt den mittlerweile ikonischen Schriftzug UAB WENDE. Ein Baugerüst in der Erdgeschosszone dient als Arkade und läd die Passanten zum Einblicken ein. Es trägt Schriftzüge, die mit den Vitrinen korrespondieren und zieht somit den Straßenraum in das Haus hinein. Vom Gerüst hoch zum Schriftzug pflanzten wir Hopfen an. Die Kletterpflanze sollte die Fassade über den Sommer komplett bewachsen, jedoch dämpften die schlechten Bedingungen auf der stark befahrenen Theaterstraße das Wachstum.
Vorfinden, Entwerfen und Machen verschmolzen so stark, dass Zeichnungen nur für die Korrespodenz mit Handwerkern oder für komplexere Aufgaben, wie die Beschriftung der Gerüstnetze angefertigt wurden.Wir fanden großes Gefallen am gleichzeitigen Denken, Planen, Machen, neu Denken und neu Machen, an der kollektiven und sich immer wandelnden Autorenschaft und gaben uns somit den Namen BAUHÜTTE.​​​​​​​
Die Ausstellung beinhaltete über 30 Projekte von Universitäten aus ganz Deutschland, die alle in ehemaligen Büroräumen, Konferenzsälen oder Garagen des Hauses untergebracht wurden. Für die Ausstattung nutzten wir im Handel gefundene und umfunktionierte Objekte, Teile von Büromöbeln und selbstgebaute Holzkonstruktionen.  Die dreieckigen Aufsteller nahmen verschiedene Eigenschaften und Funktionen auf. Sie wurden durch Rollen und LED Stangen zu beweglichen Lichtquellen, durch Regalböden zu Bibliotheks- und Infomöbeln und durch Schrankrückwände zu Posterwänden für die Projekte.
Neben dem Entwerfen und Bauen der Ausstellung war Maintenance und Care des Hauses und seiner neuen Inhalte ein großer Teil unserer Arbeit. Pflanzen, Handwerker, Studierende und Besucher*innen mussten gepflegt, betreut und geleitet werden.

Foto links von Philipp Goertz

Foto rechts von Laura Weber

Zum Ende unseres fünfmonatigen Aufenthalts im Haus fanden zwei Festivalwochen statt, in denen alle teilnehmenden Projekte ausgestellt oder in Workshops finalisiert wurden.
Ein leeres Haus, dass “graue Energie” schreit und sein tristes Universum aus Büromöbeln sind plötzlich bis unters Dach gefüllt mit Ideen für das Bauen von Morgen –
mit genauen Untersuchungen von Raumklima, Wohlbefinden, Bausubstanz und Zukunftsvisionen, mit Diskursen über den Umgang Bestand als Frage der Ästhetik, der Extraktion und der Chance.
Dort, zwischen dem alten Bestand und der kurzfristigen Füllung, entstand spürbar eine Reibung, die die Botschaft unterstützt und neue Gedanken inspririert hat.

Foto von Laura Weber

Foto von Laura Weber

Der Pop-Up Campus ist in seinem kurzen Dasein zum Diskursraum für viele Veranstaltungen  geworden. Sprecher wie Thomas Auer und Freek Persyn, Veranstaltungen des BDA NRW und Syposien wie Making of Housing, Kolloquien der Architekturfakultät & zuletzt die Versteigerungsfeier des Mobiliars, etc.​​​​​​​
Elementar für den Erfolg des Pop-Up Campus war die Gruppendynamik inenrhalb der Bauhütte. Die vielen helfenden Hände und Köpfe waren angetrieben von der Chance für kurze Zeit einen besonderen und wertvollen Ort für Aachen zu schaffen. Der Pop-Up Campus wurde zu unserem zweiten Zuhause, dass wir uns zu eigen gemacht haben um es der Öffentlichkeit zu öffnen.​​​​​​​
Eine erste dokumentarische Publikation wurde im Nachgang durch die Bauhütte redaktionell erarbeitet und wird in den kommenden Monaten beim BBSR erscheinen.​​​​​​​
Zur Zeit beantragt die Bauhütte unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Adria Daraban und Univ.-Prof. Anne-Julchen Bernhardt Fördermittel um die entwickelten Methoden im Umgang mit dem Gebäudebestand in einer zweiten Publikation theoretisch aufzuarbeiten und mit verwandten Projekten im deutschen und europäischen Raum in Diskurs zu kommen. Die Möglichkeit einer Neu-Bespielung und temporären Programmierung von Gebäudeleerstand als Prozess und Methode der Bauwende sollen an unserer Arbeit aufgezeigt und weiter untersucht werden.

Foto von Laura Weber

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